- Grundlagen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine Buchhaltung für Onlinehändler zu erstellen. Nicht jede Variante ist für jeden Onlinehändler steuerlich bzw. handelsrechtlich zulässig. Zum einen ergeben sich Vorgaben aus den GoBD zum anderen aber auch zusätzlich Nachweispflichten aus dem Umsatzsteuergesetzt. Daher kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass wenn jemand seine Gewinnermittlung nach Einnahmen-Überschussprinzip erstellt (also nicht Bilanzierungspflichtig ist) und damit für ihn die GoBD nicht anzuwenden ist er die freie Wahl hat jegliche Form der Buchhaltungserstellung nutzen zu können. Ausschlaggeben ist hier auch zusätzlich die Nachweispflichten, die sich aus dem Umsatzsteuergesetz ergeben. Die Vor- und Nachteile möchte ich nachfolgend kurz beschreiben.
- Besonderheiten der Onlinehändlerbuchhaltung
Grundsätzlich unterscheidet sich die Onlinehändlerbuchhaltung von einer „normalen“ Buchhaltung darin, dass eine Ausgangsrechnung erst entsteht, wenn die Zahlung schon erfolgt ist. Das bedeutet, dass die Zahlung niemals die Rechnung kennt und der Zahlungsdatensatz somit kein Verweis auf die Rechnung enthalten kann. Bei einer normalen Banküberweisung würde man in den Verwendungszweck immer die Rechnungsnummer eintragen, die man bezahlen möchte. Hinzu kommt, dass neben der Bank ggf. neue Zahlsysteme verbucht werden, die völlig anders aufgebaut sind als ein normaler Bankauszug. Eine Buchhaltung kann man diesbezüglich unterschiedlich aufbauen. Es kann ein sehr einfacher Aufbau genutzt werden oder ein komplexer Aufbau der unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich bringt. Die Wahl der Buchhaltung hat auch automatisch Einfluss auf den Preis der Buchhaltung da er unterschiedlich zeitaufwändig ist und auch auf den Zeiteinsatz des Händlers da er sich unterschiedlich intensiv mit der Buchhaltung auseinandersetzen muss damit dies nicht in ein Desaster endet. Der Händler sollte daher immer wissen welches System bei Ihm zum Einsatz kommt da es auch steuerlich weitreichende Konsequenzen haben kann die existenzbedrohend werden können. Nachfolgend beschreibe ich nun die verschiedenen Varianten. Angefangen von der einfachsten Variante bis hin zur komplexesten Variante.
- Ausschließliche Verbuchung der Bank
Dies ist die einfachste Form der Verbuchung, hierbei wird der Kontoauszug der Bank durchgebucht. Geldzugänge aus den Verkäufen werden als Einnahme verbucht unter Herausrechnung der Gebühren, wenn diese von den anderen Zahlungssystem abgeschöpft werden. Als Abschöpfungsbeträge bezeichnet man die Zahlungen die bspw. von Amazon, PayPal oder Ebay umgebucht werden auf das Bankkonto. Die erstellten Ausgangsrechnungen aus einem Faktura System wie bspw. Billbee, Easybill, JTL, Plenty etc. des Händlers bleiben dabei unberücksichtigt.
Vorteil:
– Einfache Verbuchung
– Sehr kostengünstig da kein großer zeitlicher Aufwand entsteht
Nachteil:
– Nicht GoBD-Konform und damit nicht nutzbar für Bilanzierer, es scheitert schon an den allgemeinen Anforderungen der GoBD 3.1, Randzeichen 31 sowie Randzeichen 37 etc.
– Abschöpfungsbeträge sind nur bei Amazon durch einen Report genauen Erlösen zuordenbar. Wird PayPal oder Ebay eingesetzt kann von der Abschöpfung nicht auf die Erlöse und die Kosten geschlossen werden.
– Kann nur genutzt werden, wenn ausschließlich steuerpflichtige Erlöse zum Regelsteuersatz erbracht werden in Deutschland. Bei nicht steuerbaren oder steuerfreien Erlösen in Deutschland erwartet das Umsatzsteuergesetzt den genauen Nachweis und dessen Zusammensetzung dieser Erlöse auf Ebene der Rechnung, welche jedoch nicht verbucht wurde. Bei einer Prüfung kann dies dazu führen, dass alle steuerfreien Erlöse wegen der fehlenden Nachvollziehbarkeit aus der Buchhaltung steuerpflichtig werden.
- Verbuchung der Ausgangsrechnungen mit Zuordnung der Zahlung über Verrechnungskonto
Zusätzlich zur vorhergien besprochenen Vorgehensweise werden neben der Verbuchung der Bank auch die Ausgangsrechnungen verbucht bspw. durch Import über eine DATEV-Schnittstelle erfasst. Hierbei werden die Erlöse über die Ausgangsrechnungen eingebucht und nicht mehr über den Zufluss des Bankkontos. Lediglich die Gebühren der Zahlsysteme müssen dann noch zusätzlich verbucht werden. Bei der Verbuchung der Erlöse wird als Gegenposition ein Verrechnungskonto gewählt. Die zuvor beschriebenen Abschöpfungsbeträge werden ebenfalls gegen das Verrechnungskonto verbucht. Da die Erlöse zeitlich nicht identisch mit den Abschöpfungsbeträgen (unter Korrektur der verrechneten Gebühren) sind, wird auf dem Verrechnungskonto immer ein Saldo verbleiben dessen Zusammensetzung nicht nachvollziehbar sein wird.
Vorteil:
– Einfache Verbuchung
– Sehr kostengünstig da kein großer zeitlicher Aufwand entsteht
Nachteil:
– Nicht GoBD-Konform und damit nicht nutzbar für Bilanzierer, es scheitert schon an den allgemeinen Anforderungen der GoBD 3.1, Randzeichen 31 da von der Rechnung selbst nicht auf die Zahlung und umgedreht geschlossen werden kann.
– Fehler in den Exportdateien fallen nicht auf. Falsch eingespielte Dateien, doppelt eingespielte Dateien, oder Warenrückgabe wo der Händler vergessen hat die Gutschriften zu erstellen, fallen nicht auf. Die Konsequenz wäre im letzten Falle zu hoch versteuerte Umsätze und zu viel anfallende Einkommensteuer ohne, dass dies jemandem auffallen würde.
- Verbuchung der Ausgangsrechnungen mit Zuordnung der Zahlungen über Debitoren ohne Einsatz von Onlinehandelschnittstellen
In diesem Fall werden die Ausgangsrechnungen über bspw. einen DATEV-Import in die Buchhaltung importiert, wobei als Gegenkonto kein Verrechnungskonto, sondern ein in der Regel pro Zahlungssystem gesonderter Debitor angesprochen wird. Hier wird jede Rechnung einzeln gebucht mit einem Zuordnungskriterium. Die Zahlungen aus den Zahlsystemen werden ebenfalls in die Buchhaltung importiert. Hierbei wird dann jede Zahlung einer Rechnung zugeordnet. Ist der Betrag identisch, verschwindet diese Rechnung aus der sogenannten OP-Liste. Die OP-Liste ist eine Liste, aus der alle noch nicht vollständig bezahlten Rechnungen ersichtlich sind. Da der Händler in den meisten Fällen zuerst sein Geld erhält und dann die Rechnung schreibt sollte in der Theorie diese Liste klein bzw. überhaupt nicht vorhanden sein. Die Praxis führt jedoch genau zum Gegenteil was später erklärt wird. Die Abschöpfungsbeträge werden hierbei neutral gegen die Abbuchung aus dem Zahlsystem über ein Verrechnungskonto verbucht, welches hiernach abgestimmt wird, da es zu bestimmten Zeitpunkten auf 0,– aufgehen muss.Die größte Herausforderung besteht darin, die OP-Liste lfd. auf Unstimmigkeiten zu prüfen und zu „säubern“ was oft nur in Zusammenarbeit mit dem Händler möglich ist. Wäre die Welt perfekt, dann müsste eine Zahlung immer zu einer Rechnung passen so dass die Liste keinen Eintrag zeigen dürfte. Leider ist die Welt nicht perfekt was dazu führt, dass eine solche OP-Liste schnell über 100 Seiten groß werden kann und es fast unmöglich wird diese noch zu bereinigen. Jeder „Fehler“ in dieser Liste hat auch immer eine steuerliche Auswirkung so dass dann auch die Umsatzsteuer oder auch der ermittelte Gewinn ggf. nicht stimmt.Gründe für die Entstehung einer OP-Liste:
- Für Warenrückgaben des Kunden wurde nur die Rückzahlung veranlasst aber die Gutschrift vergessen
- Unbekannte Gutschriften bspw. bei Warenbruch im Amazon Lager
- Unbekannte Kostenpositionen im Zahlsystem
- Währungsabweichungen bei Verkauf bspw. nach England
- Rückbehalte in den Zahlungssystemen
- Zusammenfassung von Bestellungen zu einer Rechnung bei 2 Zahlungen
- Fehlerhafte Importdateien, es wurden doppelte Ausgangsrechnungen oder zu wenige importiert
- Zahlungen im Zahlsystem erfolgen bis Monatsende 24:00 Uhr, die passende Rechnungsstellung erfolgt erst im nächsten Monat
- Kauf auf Rechnung und Vorkasse kann nicht zugeordnet werden
- Amazon Zahlung erfolgt wegen Kauf auf Rechnung erst später
- Transaktionsnummer des Zahlungssystems stimmt nicht mit der in der Rechnung mitgegebenen ID überein
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Vorteil:
- GoBD-Konform
- Abgestimmte Buchhaltung, Fehler können erkannt werden
Nachteil:
- Sehr aufwändig für die Buchhaltung da eine enge lfd. Abstimmung mit dem Händler nötig ist
- Je nach Zahlsystem und ERP-System liegt ein schlechter Automatisierungsgrad vor, der sehr viel händische Arbeit nötig macht
- Teuer da Zeitintensiver
- Händler muss sich mit seiner Buchhaltung beschäftigen und sich um die Bereinigung der OP-Liste kümmern da die Sachverhalte nur von Ihm geklärt werden können
- Die OP-Liste enthält von den ursprünglichen Daten eines Zahlsystems nur noch sehr wenige wie Datum (ohne Uhrzeit), angebliches Zuordnungskriterium, Betrag und meist einen nicht zu gebrauchender Buchungstext. Die Bereinigung ist für den Händler enorm zeitaufwändig.
- Verbuchung der Ausgangsrechnungen mit Zuordnung der Zahlungen über Debitoren mit Einsatz von Onlinehandelschnittstellen
Die Verbuchung erfolgt ähnlich wie zuvor beschrieben mit der Besonderheit, dass eine spezielle Schnittstelle vorgeschaltet wird wie bspw. die der FIBUdata, Jera oder Dekodi welche eine höhere Automatisierung der Zuordnung ermöglicht wozu die Buchhaltungssysteme oft nicht in der Lage sind. Im Falle der FIBUdata erfolgt die Zusammenarbeit mit der Buchhaltung auch im Team. Alle fachlichen Abweichungen, die nur der Händler klären kann, werden schon im Vorfeld zur Klärung ausgeworfen bevor diese Daten dann reduziert in die Buchhaltung gelangen. Letzteres führt dazu, dass der Arbeitsaufwand für den Händler sinkt.Die Vor- und Nachteile sind etwa identisch wie unter Punkt 5, der Automatisierungsgrad ist jedoch erheblich höher. Es ist aber auch hier unumgänglich das sich der Händler mit der Materie beschäftigt da Abweichungen der Buchhaltung erklärt werden müssen damit diese korrekt verbucht werden können.